Stork: Pseudofaktencheck der SPD

Zitate der SPD sind kursiv gesetzt. Unsere Erwiderung in grüner Schrift.

 

In einer Verlautbarung stellt die grüne Ratsfrau Karen Haltaufderheide eine Vielzahl von Behauptungen im Kontext der Gewerbeflächenentwicklung in Wetter auf. Diese sind jedoch weder durch mit Quellenangaben belegten Fakten untermauert noch durch Expertenwissen von relevanten Akteuren gestützt. Das soll hier nachgeholt werden.

 

Frau Haltaufderheide behauptet, dass …

 

… “in den vergangenen Jahren auf neuen Gewerbeflächen kaum neue Arbeitsplätze geschaffen worden [sind]”. Fakt ist, dass in Wetter trotz des teils massiven Rückgangs von Arbeitsplätzen im produzierenden Gewerbe – Schrumpfung der Demag, Schließung Reme – in den letzten knapp 20 Jahren ca. 1.000 sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse (SVB) neu geschaffen werden konnten. Lag die Anzahl der SVB in Wetter 1999 noch bei 10.281, so sind es 2014 11.128, was einer Steigerung von 8 Prozent entspricht.

Quelle: Kommunalprofil Wetter (Ruhr), erstellt durch IT.NRW“

 

Wer Statistiken als Quelle angibt, sollte sie auch lesen können. Auf den ersten Blick scheint der Autor Recht zu haben.

Bei genauerem Lesen der genannten Quelle zeigt sich: Die Zahl der Vollzeitbeschäftigten ist um 13.4% zurückgegangen. Zunahmen gibt es nur im Teilzeitbereich, wobei der Statistik nicht zu entnehmen ist, ob das Personen mit 5, 15 oder 20 Wochenstunden sind.

Außerdem erfahren wir, dass der Anteil an Arbeitsplätzen im produzierenden Gewerbe erheblich zurückgegangen ist: Dazu liegen mir leider keine Vergleichszahlen von 1999 vor. Bezugnehmend  auf das Kommunalprofil von 2008 lässt sich feststellen, dass 2007 der Anteil an SVP im produzierenden Gewerbe bei 55,4% lag, 2014 bei 46%.

Wenn es also neue Arbeitsplätze gegeben hat, waren das Teilzeitarbeitsplätze in Handel und Dienstleistung. Nicht gerade das, was ein Gewerbegebiet bringt,oder?

 

 Im weiter unten vom Autor zitierten „Marktbericht III Gewerbliches Flächenmanagement Ruhr 2014 der Wirtschaftsförderung Metropole Ruhr“ werden übrigens als aktuelle Zahl sozialversicherungspflichtig Beschäftigter für Wetter nur   9834  angegeben.  ???

 

… “durch fortschreitende Automation sich […] die Zahl der Arbeitsplätze sogar verringert”. Fakt ist, dass bei neuen Gewerbeansiedlungen sogar weniger Fläche pro SVB benötigt wird als bei älteren Betrieben. Die sog. Flächenkennziffer, also wie viel Quadratmeter Gewerbefläche pro SVB nötig sind, beträgt im GesamtBestand der Metropole Ruhr (Stand: 2014) 321 qm/SVB. Betrachtet man aber nur die Neuansiedlungen zwischen 2005 und 2013, so sinkt die Flächenkennziffer signifikant auf 250 qm/SVB. Moderne Betriebe sind also flächenschonender als der Durchschnitt.

Quelle: Marktbericht III Gewerbliches Flächenmanagement Ruhr 2014 der Wirtschaftsförderung Metropole Ruhr

 

Auch hier sucht der Autor sich nur die Zahlen aus der Quelle heraus, die ihm gefallen. Im verarbeitenden Gewerbe liegt die Flächenkennziffer  m2/SVB laut der von ihm genannten Quelle Marktbericht III  bei 362,8  , in Verkehr und Lagerei sogar bei 520,9 - also deutlich höher als die zitierte Durchschnittskennziffer, bei der auch Handel und Dienstleistung inbegriffen sind.

In weniger verdichteten Bereichen, zu denen laut Marktbericht III der Ennepe-Ruhr-Kreis gehört, liegt sie sogar im verarbeitenden Gewerbe bei 513, was dort erklärt wird wie folgt: „Eine Betrachtung nach Verdichtungsräumen und Wirtschaftszweigen belegt zusätzlich, dass die Unternehmen in weniger verdichteten Teilräumen offensichtlich mehr Fläche für vergleichbare Tätigkeiten in Anspruch nehmen. Gründe dafür dürften ein größeres Flächenangebot und niedrigere Preise – im Vergleich zu höher verdichteten Räumen – sein.“ Übersetzt: größeres Flächenangebot + niedrigere Preise = höherer Flächenverbrauch. Das können und wollen wir uns nicht bieten lassen.

Letztlich wird aber auch in diesem scheinbaren Faktencheck eine Antwort gegeben, die  nur bedingt etwas mit der ursprünglichen Aussage zu tun hat. Jedenfalls taugt der Bezug auf die Flächenkennziffer nicht  um zu widerlegen, dass Arbeitsplätze durch Rationalisierung und Automatisierung wegfallen. Ich verweise auf die Diskussion um Industriepunkt 4.0, was dieser Entwicklung eine weitere Dynamik verleiht. Siehe dazu u.a.

www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/industrie-4-0-digitalisierung-bedroht-60-000-arbeitsplaetze-a-1059153.html

Es geht mir nicht darum, Automation und Digitalisierung aufzuhalten. Es geht hier nur darum, den Mythos offenzulegen, dass ein neues Gewerbegebiet zusätzliche Arbeitsplätze schaffe.

 

… “[es] ein frommer Wunsch sei, die Vergabe der Grundstücke durch die Politik an Zahl und Qualität der Arbeitsplätze zu binden”. Fakt ist, dass die Ordnung zur Regelung der Zuständigkeiten für die Ausschüsse und den Bürgermeister der Stadt Wetter (Ruhr) Grundstücksgeschäfte zwischen 25.000 Euro und 75.000 Euro in die Zuständigkeit des Hauptausschusses verweist, alles darüber hinaus gehende in die des Rates.

Quelle: Ordnung zur Regelung der Zuständigkeiten für die Ausschüsse und den Bürgermeister

 

Manchmal sind solche Belehrungen doch nervig. Natürlich sind mir Regelungen zu den  Zuständigkeiten der Ausschüsse bekannt. Dem Autor allerdings scheint nicht bekannt zu sein, dass nach bisheriger Planung das gesamte Gebiet am Stork an einen Investor verkauft werden soll, der Grundstücke nach Bedarf weiterverkauft. Welchen Einfluss sollen dann bitte Rat und Ausschüsse darauf nehmen, welche Unternehmen mit wie vielen Arbeitsplätzen dort hin kommen? Wer solche Behauptungen aufstellt, streut entweder den Bürger*innen absichtlich Sand in die Augen oder überschätzt seine Möglichkeiten maßlos.

Soll ich dazu jetzt eine Quelle anfügen?

 

… “aus bodenschutzrechtlicher Sicht […] die Planung zweifellos keinen wünschenswerten Beitrag zu dem in Nordrhein-Westfalen verfolgten Ziel [darstellt], das tägliche Wachstum von Siedlungs- und Verkehrsflächen bis zum Jahr 2020 auf fünf Hektar […] zu reduzieren”. Fakt ist, das dieses “5 ha Ziel” aufgrund der massiven Kritik von Gemeinden und Wirtschaftsverbänden in der finalen Fassung des Landesentwicklungsplans NRW vom Ziel zu einem Grundsatz herabgestuft wurde, also keine feste Vorgabe ist. Doch selbst diesen ambitionierten Grundsatz unterschreitet die Stadt Wetter bei weitem. Das Stadtgebiet Wetters hat einen Anteil von 0,09 % an der Fläche NRWs. Rechnerisch entfielen somit von 5 ha/Tag auf Wetter ein Anteil von 45 qm/Tag. Das letzte auf der “grünen Wiese” realisierte Gewerbegebiet, das Schöllinger Feld mit seinen 14 ha, wurde vor ca. 25 Jahren versiegelt. Rechnerisch beträgt die Versiegelung dadurch also 15 qm/Tag, somit nur ein Drittel des Wetter selbst bei strikter Befolgung des 5 ha Grundsatzes zustehenden Anteils.

Quelle: Landesentwicklungsplan NRW 2016

 

Dem Autor ist in seinem Eifer entgangen, dass ich korrekt und benannt aus einer Stellungnahme des Ennepe-Ruhr-Kreises als unterer Bodenschutzbehörde vom 14.7.2016 zitiert habe. Er möge also seine Belehrungen bitte an den Ennepe-Ruhr-Kreis – Der Landrat des Ennepe-Ruhr-Kreises als untere staatliche Verwaltungsbehörde – richten.

Quelle: Öffentliche Vorlage  zur 4. Sitzung des SWBA am 30.8.2016

Die folgende Argumentation ist ziemlich absurd.

Ich halte es für eine fragwürdige Denkungsart, dass 5ha-Ziel als Auftrag und Absolution für alle Versiegelungen bis 4.9 ha  pro Tag zu interpretieren. Grenzwerte markieren das äußerste vertretbare Maß und nicht ein Ziel. Es gibt keinen „zustehenden Anteil“

Aber die Berechnung ist wiederum fleißig. Leider ist nicht berücksichtigt, dass Versiegelung auch durch Wohnbaumaßnahmen und Straßen erfolgt. Also: guter Ansatz, Ergebnis leider falsch.

 

… “die SPD auch nichts zu dem Verlust eines bedeutenden Naherholungsgebietes für Volmarstein [sage]”. Fakt ist, dass das geplante Gewerbegebiet unmittelbar an die A1 angrenzt, die laut einer Verkehrszählung von Straßen.NRW aus dem Jahr 2009 in Höhe Hagen von 109.000 KFZ pro Tag genutzt wird. Damit zählt sie zu den meistbefahrenen Autobahnen NRWs. Ob hier von einem Naherholungsgebiet zu sprechen ist, kann also stark in Zweifel gezogen werden.

Quelle: Landesbetrieb Straßen.NRW

Ich rate zu einem Spaziergang. Es bleibt Ihnen überlassen, diese Qualität zu bezweifeln, für deren Erhalt 2000 Personen unterschrieben haben, die weiter dort Inlineskaten, Radfahren (sehr gut mit kleinen Kindern) oder Spazierengehen wollen.

 

Die Behauptungen der Frau Haltaufderheide halten somit einer objektiven Prüfung anhand nachvollziehbarer Quellen nicht stand. Zu klären bleibt nur noch, ob Frau Haltaufderheide diese Falschbehauptungen aufgrund von Unwissenheit, mangelnder Sorgfalt oder gar mit voller Absicht getätigt hat.“

Die Beurteilung  dieser Sequenz überlasse ich dem Leser und der Leserin.

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